Gottes Identität ist komplex.
Gibt es nur einen Gott oder doch drei? Oder sogar beides?
Transkript:
Ich hab‘ da mal eine Frage, die mich schon immer beschäftigt hat.
Die Bibel sagt: Es gibt einen einzigen Gott.
Aber in anderen Teilen der Bibel gibt es drei: Vater, Sohn und den Heiligen Geist.
Wie kann das denn beides sein?
Diese Frage stellt die Menschen schon seit tausenden von Jahren vor ein Rätsel. Und obwohl wir es nicht ganz erklären können, können wir besser verstehen, was wir nicht ganz erklären können.
Stell es dir so vor:
Hier ist eine zweidimensionale Fläche und dann bewegt sich dieses dreidimensionale Objekt durch die 2D-Fläche. Aus dieser Perspektive ist das 3D-Objekt über und unter der Fläche.
Aber stell dir vor, du wärst eine 2D-Person, die in der 2D-Fläche feststeckt.
Was würdest du sehen?
Naja, es würde so aussehen. Aus dieser Perspektive sieht es unmöglich aus. Es ist ein Objekt, dann zwei und dann drei. Aber in Wirklichkeit sind sie alle eins. Nur nicht auf eine Weise, die du verstehen kannst.
Lass uns jetzt diese ganze Sache als visuelle Entsprechung dafür nehmen, wie wir Gott erfahren.
Die Bibel sagt, dass Gott transzendent ist. Er ist ein göttliches Wesen, durch das wir leben, uns bewegen und unsere ganze Existenz haben. Oder, wie Gott sagt: „Ich bin.“
Okay, aber ich lebe hier in diesem Universum. Also wenn Gott erscheint, macht es in einigen Aspekten Sinn. Aber in anderen Aspekten sprengt es alle meine Denkkategorien.
Genau. Das passiert andauernd, wenn Menschen auf den Gott der Bibel treffen.
Also schauen wir uns als erstes an, wie das in den hebräischen Schriften passiert. Durch diese Schriften hinweg erscheint Gott auf komplexe Weise, die nicht ganz in unsere Denkkategorien passen.
Häufig passiert das bei Gottes Eigenschaften. Eine Eigenschaft beschreibt, wie etwas ist. Ein Fußball zum Beispiel ist rund. Richtig. Oder: Gott ist weise.
Schauen wir uns Gottes Weisheit an.
Das Buch der Sprüche sagt, dass Gott die Welt in seiner Weisheit erschuf. Aber es gibt auch Gedichte im Buch der Sprüche, die Gottes Weisheit als Person beschreiben; als eine Art Mitarbeiter, durch den Gott das Universum entworfen hat.
Also Gottes Eigenschaft wird zu einer eigenen Person?
Ja. Das passiert auch mit Gottes Herrlichkeit, die manchmal in Feuer gehüllt als menschliche Figur auf einem Thron erscheint. Oder nehmen wir mal Gottes Wort: Er kann es zu Menschen sprechen und manchmal erscheint es als Person.
Moment mal, also Gottes Eigenschaften sind neue, kleine Götter geworden. Nein, nein. Die biblischen Autoren glauben, dass es nur einen allmächtigen Gott gibt. Aber es ist okay für sie, von den Eigenschaften als unterschiedliche Personen zu sprechen?
Ja. Das ist ein Teil ihrer Art und Weise, Gottes komplexe Identität darzustellen. Sie sind Gottes Eigenschaften, aber auch eigenständig von ihm. Eigenständig von Gott, aber auch Gott selbst. Sobald wir lernen, auf diese Art von Gottes Identität zu sprechen, siehst du es in der ganzen Bibel.
Tatsächlich siehst du es schon in den ersten Sätzen der Bibel, in denen Gottes Geist erwähnt wird. Der erste Satz der Bibel ist ja sehr bekannt. „Am Anfang schuf Gott…” Aber lies dann weiter. Wen sehen wir in der Schöpfung über dem Wasser schweben? Gottes Geist. Der Geist beschreibt Gottes persönliche Gegenwart und Energie, mit der wir hier in der Schöpfung interagieren können. Also die Bibel kann sich auf Gottes Geist getrennt von Gott beziehen? Eigenständig von Gott, aber auch Gott. Es ist Gottes Geist. Und obwohl das aus unserer Sicht seltsam klingt, ist es diese Komplexität, die uns die biblischen Autoren erkennen lassen wollen.
Also wir haben uns Gottes Eigenschaften und Gottes Geist angeschaut. Lass uns jetzt noch die letzte Station nehmen auf unserer Entdeckung von Gottes komplexer Identität in den Hebräischen Schriften:
Mit einer Figur namens „Sohn des Menschen“.
In der Bibel gibt es nur einen Gott, den die Menschen anbeten sollen. Das macht die Geschichte im Buch Daniel so überraschend. Daniel hat einen Traum über diese menschliche Figur, namens „der Sohn des Menschen“. Das bedeutet, ein Mitglied der Menschheit.
Und Daniel träumt von diesem Menschen, der hoch erhoben wird in die Wolken, hoch und immer höher. Bis in Gottes Welt. Ja und dann sitzt dieser Mensch auf der rechten Seite neben Gottes himmlischem Thron. Und die ganze Menschheit betet diesen Menschen an Gottes Seite an. Ein Mensch an der Stelle, an der ich Gott erwarte. Ja, dieser Mensch ist Teil von Gottes Identität. In dieser Vision geht es um die größte Hoffnung der gesamten biblischen Geschichte. Gott und die Menschheit werden eins, damit sie die Welt gemeinsam regieren können. Also der Sohn des Menschen ist eigenständig von Gott, aber er ist auch Gott.
Genau. Schauen wir uns also alles nochmal an, worüber wir gesprochen haben: Gottes Identität in den hebräischen Schriften ist komplex. Und wann immer die Nachfolger von Jesus Gott als Vater, Sohn und heiligen Geist begegneten, hatten sie schon bestimmte Vorstellungen, wie sie alle der eine Gott der Bibel sein könnten. Okay, lass uns darüber sprechen. Alles klar. Im neuen Testament lernen wir Jesus von Nazaret kennen. Er ist ein Mensch, aber noch viel mehr als das. Er bezeichnete sich selbst am liebsten als „Sohn des Menschen“. Die Figur aus Daniels Vision. Und die Aussage hier ist, dass er die komplexe Gott-wird-Mensch-Figur ist, die andere Menschen mit Gott vereint.
Also die Evangelien zeigen Jesus als richtigen Menschen. Und als Jahwe, den Gott Israels. Jesus wanderte umher, sagte und tat Dinge, die nur Jahwe tun kann, wie Vergebung der Sünden oder Stillung eines Sturms.
Sie sagen also, dass Jesus Mensch ist; eigenständig von Gott, aber auch Gott.
Ja, und das mag verrückt klingen, außer du hast die hebräischen Schriften gelesen, die dich darauf vorbereiten. Und dann schau dir folgendes an: Die ersten Nachfolger von Jesus, die Apostel, sprachen über seine Identität, indem sie den Wortschatz nutzten, der Gottes Eigenschaften beschreibt. Sie nannten Jesus „die Herrlichkeit Gottes“ und der Apostel Paulus nannte ihn „die Weisheit Gottes“. Und Johannes beginnt sein Evangelium, indem er Jesus „Das Wort Gottes, durch das die Welt geschaffen wurde“ nennt. Und dann sagt er „Das Wort war bei Gott und es war Gott.“
Okay. Ich verstehe, was sie machen. Und bekomme langsam Kopfweh.
Oh ja, und es wird noch schlimmer, wenn du folgendes bedenkst:
Jesus, der ja Mensch gewordener Gott ist, sprach zu Gott als eigenständiger Person. Dabei nannte er ihn „Vater“. Wenn Jesus über Gott sprach, bezog er sich dabei nicht auf eine abstrakte Kraft oder Energie. Er sprach von einem persönlichen Wesen, auf das man sich beziehen kann. In der Bibel gibt es viele personenbezogene Bilder von Gott: Herrscher, Schöpfer, Richter. Aber Jesus bezog sich auf Gott immer als „mein Vater“.
Jesus erlebte Gott als eine Quelle unendlicher Liebe.
Er sagte: „Der Vater hat mich schon vor der Schöpfung der Welt geliebt.“ Anscheinend kannte Jesus den Vater als ewiges, lebensspendendes Wesen, das sich ganz auf andere konzentriert. Genau. Wie in der Geschichte von Jesus‘ Taufe, als der Vater aus dem Himmel spricht: „Dies ist mein Sohn, den ich lieb habe.“
Und dann lies weiter. In dieser Geschichte ist die Person, die diese Botschaft der Liebe vom Vater zum Sohn bringt, der Geist Gottes. Also wir haben über Gottes Geist gesprochen. Hier in der Schöpfung ist es der Geist, durch den wir mit dem Göttlichen interagieren. Ja und das Gleiche gilt für Jesus. Durch den Geist erlebte er die Liebe des Vaters. Aber hier ist noch nicht das Ende.
Jesus versprach, dass durch ihn der Geist die Liebe des Vaters mit der ganzen Menschheit und der ganzen Schöpfung teilen würde. Also es kann so aussehen, als ob dies drei verschiedene Götter sind. Aber auf eine Weise, die meine Sicht auf die Realität übersteigt, sind sie alle eins. Genau. Das ist es, was die späteren Nachfolger von Jesus „die Dreieinigkeit“ nannten. Der Vater, der Sohn und der Geist sind der eine Gott der Bibel.
Ich verstehe, wie sie darauf kamen. Aber das ist nicht einfach nur ein philosophisches Rätsel. Gott als Drei-Einigkeit zu beschreiben ist wie die Behauptung, dass das Universum durch eine ewige Gemeinschaft der Liebe zusammengehalten ist. Das ist etwas, das ich nicht richtig verstehe.
Aber der Gott der Bibel ist kein Wesen, das du verstehst.
Der Punkt ist, dass man ihn kennt und er uns kennt, damit wir an seiner Liebe teilhaben können.